Lebensgefährte einer bekannten Schauspielerin muss Enttarnung als Ex-Stasi-IM hinnehmen

Gericht

KG


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

19. 02. 2010


Aktenzeichen

9 U 32/09


Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 5. Februar 2009 (27.O.1113/08) abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Entscheidungsgründe


Gründe

I.

Der Kläger, auch in der Öffentlichkeit vorgestellter Partner der Schauspielerin …, verlangt von der Beklagten die Unterlassung der Berichterstattung über eine Tätigkeit des Klägers als inoffizieller Mitarbeiter des MfS der DDR ("IMS …").

Das Landgericht Berlin hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt.

Der Beklagten ist das Urteil des Landgerichts vom 5. Mai 2009 am 12. Februar 2009 zugestellt worden. Mit ihrer am 24. Februar 2009 eingelegten und nach Fristverlängerung bis zum 14. Mai 2009 am 29. April 2009 begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen. Die Parteien wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Die Beklagte beantragt,

das am 5. Februar 2009 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin (27.O.1113/08) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.


II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Unterlassung einer Berichterstattung über eine Tätigkeit des Klägers als "IMS …" aus § 823 Absatz 1 BGB in Verbindung mit Art. 2 Absatz 1, 1 Absatz 1 GG nicht zu, weil die angegriffene Berichterstattung in der Ausgabe vom 5. Juni 2008 der von der Beklagten verlegten Zeitschrift "…" das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht in rechtswidriger Weise verletzt hat.

1.
Ob ein rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers vorliegt, ist anhand einer Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der Beklagten, hier also der Presse- und Meinungsfreiheit zu bestimmen, denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss grundsätzlich erst durch eine Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden (BGH NJW 2004, 596).

Zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht, insbesondere einer selbst nicht in der Öffentlichkeit stehenden Person, gehört das Selbstbestimmungsrecht über die Darstellung ihrer Person in der Öffentlichkeit. Es gibt dem Betroffenen u.a. einen Anspruch dagegen, persönliche Lebenssachverhalte gegen seinen Willen zu offenbaren und seine Person so der Öffentlichkeit verfügbar zu machen. Danach kann der Einzelne grundsätzlich selbst darüber entscheiden, ob, wann und innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Lebensumstände in die Öffentlichkeit gebracht werden. Dieses Recht ist allerdings nicht schrankenlos gewährleistet. Der Einzelne hat keine absolute, uneingeschränkte Herrschaft über "seine" Daten. Er entfaltet seine Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft. In dieser stellt eine Information, auch soweit sie personenbezogen ist, einen Teil der sozialen Realität dar, der nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann. Vielmehr ist über die Spannungslage zwischen Individuum und Gemeinschaft im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und -gebundenheit der Person zu entscheiden. Deshalb muss der Einzelne Einschränkungen seines Selbstbestimmungsrechtes hinnehmen, wenn und soweit solche Beschränkungen von. berechtigten Gründen getragen werden und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist (BGH NJW 1991, 1532; Senat NJW-RR 2005, 350; vgl. auch BGH NJW-RR 2007, 619).

Gleichermaßen umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht den Schutz vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen der Person, insbesondere ihr Bild in der Öffentlichkeit, auszuwirken (BVerfG NJW 2006, 207). Derartige Äußerungen gefährden die von Artikel 2 Absatz 1 GG gewährleistete freie Entfaltung der Persönlichkeit, weil sie das Ansehen des Einzelnen schmälern, seine sozialen Kontakte schwächen und infolgedessen sein Selbstwertgefühl untergraben können. Auch dieses Recht reicht allerdings nicht so weit, dass es dem Einzelnen einen Anspruch darauf verliehe, in der Öffentlichkeit nur so dargestellt zu werden, wie er sich selber sieht oder von anderen gesehen werden möchte (BVerfG NJW 1999, 1322). Ein allgemeines und umfassendes Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person enthält Artikel 2 Absatz 1 GG nicht (BVerfG NJW 2000, 1021).

Im Einzelfall können deshalb das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und die Meinungsfreiheit Vorrang haben.

Diese Interessenabwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers (Artikel 1 und 2 Absatz 1 GG) einerseits sowie dem Recht der Beklagten auf Pressefreiheit (Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 GG) andererseits führt im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass der Kläger die Berichterstattung der Beklagten über seine frühere Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR hinnehmen muss. Alles in allem haben im Ergebnis der Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einerseits und dem Interesse des Klägers an dem Schutz seiner Lebensumstände andererseits die Belange des Klägers hinter den Informationsinteressen der Öffentlichkeit sowie den Interessen der Beklagten zurückzustehen. Insoweit genießt die aktuelle Berichterstattung Vorrang vor den Interessen des Klägers.

2.
Es bestand ein erhebliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Berichterstattung über diesen Aspekt der Vergangenheit des Klägers als neuem Partner der in Deutschland überaus bekannten und nicht nur für ihre schauspielerischen Leistungen, sondern gleichermaßen für ihr politisches und gesellschaftliches Engagement honorierten Schauspielerin … .

a)
Zunächst ist bereits ein nicht unerhebliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Person des Klägers anzuerkennen, weil dieser der Öffentlichkeit als neuer Partner der Schauspielerin … vorgestellt worden ist.

Es entspricht der Rechtsprechung des Senates, dass grundsätzlich ein Berichterstattungsinteresse an der Person eines neuen Partners einer der Öffentlichkeit bekannten, prominenten Persönlichkeit besteht, wenn diese Person in deren Beisein und mit deren Billigung öffentlich als neuer Partner vorgestellt wird (vgl. Senat Urteil vom 18. Juli 2008 - 9 U 131/07 - nicht veröffentlicht).

Es interessiert weite Teile der Bevölkerung, was für eine Person ein Prominenter als Partner wählt, was für ein Mensch dieser ist. Insoweit geht es nicht allein um die Befriedigung bloßer Neugier. Vielmehr entspringt dieses Interesse auch der Anteilnahme am Leben einer Identifikations- oder auch Kontrastfigur. Nicht zuletzt geht es hierbei darum, ob eine solche prominente Persönlichkeit ihrem öffentlich verkörperten Anspruch gerecht wird, ob das öffentlich vermittelte und wahrnehmbare Bild einer solchen Person mit deren Auftreten jenseits der Öffentlichkeit übereinstimmt, ob öffentlich artikulierte Ansichten dem Handeln der Person auch im persönlichen Bereich entsprechen.

Insoweit handelt es sich zwar um ein lediglich abgeleitetes Interesse der Öffentlichkeit (vgl. ähnlich die Begleiterrechtsprechung zu § 23 Absatz 1 Nr. 1 KUG, wonach vertraute Begleiter eines Prominenten wegen des abgeleiteten Interesses der Öffentlichkeit, das nicht um des Begleiters sondern der prominenten Person wegen besteht, relative Person der Zeitgeschichte - im herkömmlichen Sinne des § 23 Absatz 1 Nr. 1 KUG - sein können - vgl. Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage, Kap. 8, Rn. 25). Das Interesse der Öffentlichkeit besteht nicht in erster Linie um der Person des neuen Partners willen, sondern wegen des Interesses an der prominenten Persönlichkeit, das aber auf die Person des in der Öffentlichkeit präsentierten neuen Partners ausstrahlt.

Andererseits wirkt sich in der hier erörterten Fallkonstellation jedoch aus, dass der neue Partner als bloße Begleitperson eines Prominenten selbst daran mitwirkt, seine Person der Öffentlichkeit zu präsentieren. Zum Entstehen des öffentlichen Interesses an der Person des Partners der prominenten Persönlichkeit trägt so gerade der Umstand maßgeblich bei, dass sie mit dessen Wissen und Wollen in der Öffentlichkeit als neuer Partner der prominenten Persönlichkeit vorgestellt wird. Bereits dieser Umstand erweckt ein gesteigertes Interesse der Öffentlichkeit an der Person dieses neuen Partners.

Zwar mag es sich insoweit lediglich um bloße Unterhaltungsinteressen handeln. Allerdings darf der Begriff des öffentlichen Interesses nicht zu eng verstanden werden. Er umfasst nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden. Solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als ausschließlich sachbezogene Informationen. Hierbei gehört es zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist. Insoweit ist ein weites Verständnis geboten, damit die Presse ihren meinungsbildenden Aufgaben gerecht werden kann. (vgl. BGH NJW 2007, 1977).

b)
Darüber hinaus entsteht vorliegend ein besonderes Berichterstattungsinteresse daraus, dass der neue Partner einer derart bekannten und öffentlich sich engagierenden Schauspielerin früher einmal inoffizieller Mitarbeiter des MfS der DDR gewesen ist.

aa) Zum einen stellt das Wirken des MfS der DDR und hierbei insbesondere die Tätigkeit von inoffiziellen Mitarbeitern nach wie vor eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Frage dar.

Hierzu führte das BVerfG in seiner Entscheidung NJW 2000, 2413 aus: "Das MfS ragte aus den staatlichen Einrichtungen und Institutionen in der DDR in besonderer Weise heraus. Es war ein zentraler Bestandteil des totalitären Machtapparats der DDR. Es fungierte als Instrument der politischen Kontrolle und Unterdrückung der gesamten Bevölkerung und diente insbesondere dazu, politisch Andersdenkende oder Ausreisewillige zu überwachen, abzuschrecken oder auszuschalten (...). Die Frage, wie die inoffiziellen Mitarbeiter in das MfS eingebunden und welche Rolle ihnen dabei von der Staatssicherheit zugedacht war, wurde noch 1996 als weit gehend unerforscht bezeichnet (...). An ihrer Beantwortung existierte aber jedenfalls im Juli 1992 ein nachhaltiges öffentliches Interesse, das im Prinzip auch heute noch bestehen dürfte. Denn die systematische und umfassende Ausforschung der eigenen Bevölkerung mit nachrichtendienstlichen Mitteln war ein besonders abstoßendes Herrschaftsinstrument des Einparteiensystems (...). … Überdies vermag die historische Erfahrung mit einer Diktatur und ihren Repressionsinstrumenten eine Anschauung darüber vermitteln, welchen Gefahren die Freiheitsrechte der Bürger ausgesetzt sein können, wenn die Sicherungen eines freiheitlichen Rechtsstaats außer Kraft gesetzt sind."

Dies hat an Aktualität nichts verloren.

bb) Zum anderen ist ein weiterer Aspekt in der öffentlichen Diskussion hinzugekommen, nämlich die Frage nach dem Umgang mit ehemaligen (inoffiziellen wie hauptamtlichen) Mitarbeitern des MfS der DDR in unserer heutigen Gesellschaft.

Vor allem im politischen Bereich stellte sich in der Vergangenheit immer wieder die Frage, ob inoffizielle Mitarbeiter des MfS der DDR als Politiker in Parlamenten oder anderen Gremien Interessen der Bürger vertreten dürfen. Aktuell beschäftigt die Öffentlichkeit beispielsweise der Fall des Sprechers der Stadt Brandenburg, der wegen seiner Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter des MfS der DDR seines Amtes enthoben worden ist. Man denke ferner an die Enthüllungen zur Stasi-Vergangenheit von Abgeordneten des Brandenburgischen Landtages nach der Landtagswahl 2009.

Die Frage des Umgangs mit inoffiziellen Mitarbeitern des MfS der DDR stellt sich aber gleichermaßen im gesellschaftlichen Zusammenleben schlechthin. Soll man diese Mitbürger ihrer Vergangenheit wegen ausgrenzen ("auf ewig verdammen"), sie in Ruhe lassen oder ihnen zubilligen, sich zu verändern, Lehren zu ziehen, sich zu wandeln? Darf man ihnen auch zugestehen, an ihren früheren Auffassungen festzuhalten? Soll man sie deswegen bekämpfen, tolerieren oder sie einbeziehen und ihnen ermöglichen, in der Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen?

Der vorliegende Fall vermag diese gesellschaftlich relevante Problematik, die in der Öffentlichkeit nach wie vor kontrovers diskutiert wird, anschaulich zu verdeutlichen. Die Entwicklung des Klägers kann insoweit als Beleg dafür dienen, dass ehemalige inoffizielle Mitarbeiter des MfS der DDR in unserer Gesellschaft Fuß fassen und ein "normales Leben" führen können. Zudem belegt der vorliegende Fall, dass diese Thematik sich gleichermaßen in Prominentenkreisen stellen kann. Gerade durch die Beziehung des Klägers als ehemaligen inoffiziellen Mitarbeiter des MfS der DDR mit der in besonderem Maße gesellschaftlich und politisch engagierten Schauspielerin wird die Konfliktlage der Thematik zugespitzt deutlich gemacht. Müssen sich doch die Werte und Überzeugungen, für die die Schauspielerin öffentlich eintritt, und die früheren Auffassungen eines inoffiziellen Mitarbeiters des MfS der DDR diametral entgegenstehen. Vor diesem Hintergrund stellt die Tatsache, dass der neue Partner einer prominenten Person früher einmal inoffizieller Mitarbeiter des MfS der DDR gewesen ist, durchaus einen Umstand dar, der für ein bedeutendes öffentliches Interesse spricht.

Soweit das Landgericht seine Entscheidung damit begründet hat, die Berichterstattung trage zu einer Sachdebatte nichts bei, es finde keine differenzierte Bewertung statt, zu einer Aufarbeitung werde kaum Sachdienliches beigetragen, überzeugt dies nicht.

Der Bericht schildert unter Abbildung der schriftlichen Verpflichtungserklärung des danach (wohl) 27-jährigen Klägers vom 28. April 1987 konkrete Einzelheiten der früheren Tätigkeit des Klägers als inoffizieller Mitarbeiter des MfS. Es wird sein Einsatzbereich dargestellt und es wird informiert, über welche Einzelheiten der Kläger als informeller Mitarbeiter berichtet hat. Zudem wird ein exemplarischer Eindruck über die Tätigkeit informeller Mitarbeiter des MfS innerhalb anderer zum Machtapparat der DDR gehörender Organe, hier der Volkspolizei (Bereitschaftspolizei), vermittelt. Darüber hinaus beschäftigt sich der Beitrag mit der Frage, wie der Kläger selbst und auch dessen Partnerin mit der Vergangenheit des Klägers umgehen, indem deren Äußerungen gegenüber der Bild-Zeitung zitiert worden sind. Schließlich wird durch eine Betrachtung des näheren familiären und beruflichen Umfeldes des Klägers dessen Sozialisierung beleuchtet.

Eine Beschäftigung mit der Tätigkeit eines informellen Mitarbeiters und deren Auswirkungen in Vergangenheit und Gegenwart in dem angegriffenen Bericht kann der Beklagten mithin nicht abgesprochen werden. Die Art und Weise der Befassung mit einem Thema von öffentlichem Interesse unterliegt zudem gleichermaßen der verfassungsmäßig geschützten Pressefreiheit (vgl. BVerfG NJW 2000, 2413: nicht nur Inhalt, sondern auch Form einer Äußerung).

cc) Darüber hinaus wird das öffentliche Berichterstattungsinteresse im vorliegenden Fall dadurch verstärkt, dass es sich bei der Partnerin des Klägers nicht schlechthin um eine berühmte Schauspielerin handelt, sondern dass diese eine Persönlichkeit ist, die sich in der Öffentlichkeit zu politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Themen äußert und in vielfältiger Weise engagiert. Öffentlich bekannt ist vor allem ihr Einsatz für Toleranz und Aussöhnung zwischen Deutschland und Israel. Sie tritt gegen Gewalt in Familien auf, gegen Rechte und Neonazis, sie engagiert sich gegen die Unterdrückung der Meinungsfreiheit in Russland und setzt sich für bürgerliche Zivilcourage ein. Ihr Engagement wurde in vielfältiger Weise anerkannt und honoriert.

Der Beklagten ist deshalb darin zuzustimmen, dass es die Öffentlichkeit interessiert, wenn sich die Partnerin des Klägers nach außen hin öffentlich und mit politischem Anspruch zu Werten wie Toleranz, Bürgerrechten usw. äußert, geschichtliches Vergangenheitsbewusstsein propagiert, für Minderheiten und gegen Verfolgung eintritt, gleichzeitig aber mit einem Mann liiert ist, der in der Vergangenheit dem deutlich widersprechende Werte vertreten haben muss, indem er bewusst und willentlich Teil eines Spitzel-Apparates war, der die Menschen- und Bürgerrechte mit Füßen trat und Existenzen vernichtete.

Der Umgang mit der Tatsache, dass ihr neuer Partner früher als inoffizieller Mitarbeiter des MfS der DDR Spitzeldienste geleistet hat, lässt insoweit durchaus Rückschlüsse auf die Person und Ansichten der Schauspielerin zu. Ihre Haltung zur Tätigkeit eines inoffiziellen Mitarbeiters des MfS der DDR wird beleuchtet. Aus der Art und Weise des Umgangs mit diesem Teil der Vergangenheit ihres Partners kann sich der Leser auch ein Bild über Charakter und Ansichten der Schauspielerin machen.

Insoweit sind - entgegen der Auffassung des Klägers - die öffentlichen Äußerungen und das gesellschaftliche Engagement der Partnerin des Klägers keineswegs unerheblich. Vielmehr begründet dies gerade ein besonderes Informationsinteresse, wenn es darum geht, ob ein Idol oder Leitbild seinem öffentlich verkörperten Anspruch gerecht wird, ob das öffentlich vermittelte und wahrnehmbare Bild einer Person mit ihrem privaten Auftreten jenseits der Öffentlichkeit übereinstimmen sowie ob öffentlich artikulierte Ansichten dem Handeln der Person auch im privaten Bereich entspricht (vgl. BVerfG NJW 2000, 2021). Auch die Prominenz der Partnerin des Klägers ist mithin keineswegs unerheblich, wie der Kläger meint. Dass sie kein offizielles öffentliches Amt bekleidet und keine wichtige Funktion in Staat oder Gesellschaft inne hat, ist hierbei unerheblich.

Dass im hier erörterten Zusammenhang ein öffentliches Interesse an der Auseinandersetzung der Partnerin des Klägers mit der Stasi-Vergangenheit des Klägers tatsächlich besteht, belegen eindrucksvoll die von der Beklagten als Anlage B9 eingereichten Zuschauerreaktionen zu einem Beitrag aus dem ARD-Magazin "Kontraste" vom 2. Oktober 2008 (Anlage B8), der die Berichterstattung der Beklagten und die gerichtliche Auseinandersetzung der Parteien über die Zulässigkeit dieser Berichterstattung vor dem Landgericht Berlin thematisierte.

Dem steht nicht entscheidend entgegen, dass sich der Beitrag der Beklagten mit der Frage nach der Glaubwürdigkeit der Persönlichkeit der Partnerin des Klägers nicht konkret auseinandersetzt.

Dem Kläger ist zuzugeben, dass sich der Bericht auf die Vermittlung einzelner Fakten über die frühere Tätigkeit des Klägers als inoffizieller Mitarbeiter des MfS sowie auf die Schilderung der Reaktion des Klägers und dessen Partnerin auf die öffentliche Konfrontation mit diesem Thema beschränkt. Konkrete Wertungen werden nicht vorgenommen. Allenfalls aus der Einleitung ("Stasi-Schatten", "Dunkle Wolken") folgt eine negativ besetzte Charakterisierung. Insbesondere wird aber kein Bezug zum sonstigen öffentlichen Auftreten und Wirken der Partnerin des Klägers hergestellt. Der nun von der Beklagten als wesentlich angesehene Widerspruch zwischen dem öffentlich vermittelten und wahrnehmbaren Bild der Partnerin des Klägers und deren Auftreten jenseits der Öffentlichkeit bzw. zwischen den öffentlich artikulierten Ansichten und dem Handeln im persönlichen Bereich wird in der angegriffenen Berichterstattung nicht thematisiert.

Dennoch steht dies der Zulässigkeit der Berichterstattung nicht entgegenstehen. Die Presse darf nicht nur nach eigenen publizistischen Kriterien entscheiden, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält. Gleichermaßen ist auch die Art und Weise der Vermittlung und Darstellung eines Themas von der Pressefreiheit geschützt. ("Im Zentrum der grundrechtlichen Gewährleistung der Pressefreiheit steht das Recht, Art und Ausrichtung sowie Inhalt und Form des Publikationsorgans frei zu bestimmen.", BVerfG NJW 2008, 1793). Es muss deshalb grundsätzlich der Presse überlassen werden, ob sie sich darauf beschränkt, lediglich über Tatsachen zu informieren und Bewertungen sowie Schlussfolgerungen dem Leser zu überlassen, oder ob sie selbst einen Sachverhalt bewertet, dazu Stellung nimmt, Kritik übt usw. Auch die bloße Vermittlung von Informationen tatsächlicher Art stellt einen Beitrag zur Meinungsbildung dar und kann Anlass zu Diskussionen und Auseinandersetzungen in für die Öffentlichkeit bedeutsamen Angelegenheiten geben.

dd) Schließlich besteht vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen ein zusätzliches öffentliches Berichterstattungsinteresse daran, wie eine prominente Schauspielerin, die öffentlich damit konfrontiert wird, dass ihr Partner früher als inoffizieller Mitarbeiter des MfS der DDR tätig war, mit der Stasi-Vergangenheit ihres Partners in der Öffentlichkeit umgeht. Insoweit ist von Bedeutung, dass der angegriffene Bericht der Beklagten auch die Reaktionen des Klägers und dessen Partnerin auf die öffentliche Konfrontation mit diesem Thema schildert. Auch dieser Gesichtspunkt kann bei der Beantwortung der oben bereits erörterten Frage nach dem Umgang mit ehemaligen Mitarbeitern des MfS der DDR in unserer heutigen Gesellschaft von Bedeutung sein und so Anlass zu Diskussionen und Auseinandersetzungen in für die Öffentlichkeit bedeutsamen Angelegenheiten bieten.

c)
Für das Bestehen dieses Berichterstattungsinteresses ist es unerheblich, dass die frühere Tätigkeit des Klägers als inoffizieller Mitarbeiter des MfS der DDR keinen Bezug zu seinem heutigen politischen, kulturellen oder beruflichen Leben hat. Ebenso ist nicht ausschlaggebend, dass der Kläger keine exponierte Stellung im System des MfS hatte oder dass er auch heute keine herausgehobene (etwa berufliche) Stellung inne hat. Dies steht dem Berichterstattungsinteresse nicht entgegen und ist auch nicht etwa unabdingbare Voraussetzung für eine Berichterstattung über die Person des Klägers. Angesicht des festgestellten öffentlichen Informationsinteresses bedarf es dieser zusätzlichen Umstände vorliegend nicht.

3.
Erhebliche, diesem Berichterstattungsinteresse der Öffentlichkeit entgegenstehende Interessen des Klägers greifen demgegenüber nicht durch.

a)
Der Kläger ist nicht - wie das Landgericht meint - in seinem Recht auf Anonymität verletzt.

Eine Verletzung seiner Anonymitätsinteressen macht der Kläger ebenfalls nicht geltend. Er hat beantragt, es der Beklagten zu verbieten, über seine Tätigkeit als "IMS …" zu berichten. Es geht ihm also darum, dass die Öffentlichkeit nicht über diese Tatsache Informiert wird. Betroffen ist der Kläger hiernach in seinem Selbstbestimmungsrecht über die Darstellung seiner Person in der Öffentlichkeit.

Auf seinen Anonymitätsschutz hat der Kläger durch seine öffentlichen Auftritte an der Seite seiner Partnerin ohnehin verzichtet. Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme entfällt, wenn sich jemand selbst damit einverstanden zeigt, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden (BGH NJW 2000, 1021 - Caroline). Unstreitig ist der Kläger in der Vergangenheit stets als Partner der Schauspielerin … vorgestellt worden und aufgetreten.

b)
Der Kläger ist auch nicht in seiner Privatsphäre betroffen.

Soweit er geltend macht, durch einzelne Formulierungen ("Stasi-Schatten über ihrem Liebesglück", "Dunkle Wolken über … Liebesglück") würden private Gefühle des Klägers bzw. seiner Partnerin thematisiert, ist dies unerheblich. Abgesehen davon, dass es bei diesen Textpassagen nicht um Gefühle des Klägers, sondern seiner Partnerin geht, wendet sich der Kläger seinem Antrag nach im vorliegenden Rechtsstreit gegen die öffentliche Erörterung seiner Stasi-Vergangenheit und nicht zum Schutz seiner Privatsphäre gegen die eingangs zitierten Formulierungen.

c)
Vielmehr ist die in der Berichterstattung thematisierte Tätigkeit des Klägers als inoffizieller Mitarbeiter des MfS der DDR seiner Sozialsphäre zuzuordnen.

Es ist dies der außerhalb des Privaten liegende Bereich, der nach Außen grundsätzlich von jedermann, jedenfalls aber von Menschen wahrgenommen werden kann, zu denen keine rein persönlichen Beziehungen bestehen, der aber der Öffentlichkeit nicht bewusst zugekehrt ist (vgl. Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage, Kap 5., Rn. 65). In diesem Bereich tritt der Mensch in Kontakt zu seinen Mitmenschen und zeigt sich als Glied der sozialen Gemeinschaft.

Insoweit ist maßgeblich, dass die Sozialsphäre betreffende Äußerungen über eine Person nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden dürfen, so etwa dann, wenn Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind. Tritt der Einzelne als ein in der Gemeinschaft lebender Bürger in Kommunikation mit anderen, wirkt er durch sein Verhalten auf andere ein und berührt er dadurch die persönliche Sphäre von Mitmenschen oder Belange des Gemeinschaftslebens, dann ergibt sich auf Grund des Sozialbezuges eine Einschränkung des Bestimmungsrechts desjenigen, über den berichtet wird (BGH NJW-RR 2007, 619; Senat NJW 2004, 3637).

Im vorliegenden Fall sind schwerwiegende Auswirkungen der Berichterstattung der Beklagten auf das Persönlichkeitsrecht des Klägers, die das Berichterstattungsinteresse der Öffentlichkeit hinter den Belangen des Klägers zurücktreten lassen könnten, nicht feststell bar.

aa) Allerdings ist die Berichterstattung über eine frühere Tätigkeit für das MfS der DDR durchaus geeignet, sich abträglich auf das Ansehen einer Person in der Öffentlichkeit auszuwirken. Nach wie vor wird es in großen Teilen der Gesellschaft als moralisch verwerflich und anstößig angesehen, wenn jemand als inoffizieller Mitarbeiter für das MfS der DDR tätig gewesen ist. Die Unterstellung, eine Person habe als inoffizieller Mitarbeiter des MfS gewirkt, diskreditiert die Person in ihrer Redlichkeit und persönlichen Integrität und setzt sie der Gefahr aus, von ihrer Umwelt argwöhnisch betrachtet zu werden. Die kompromittierte Person wird mit dem Unrecht, das vom MfS ausgegangen ist, gleichsam identifiziert (BVerfG NJW 2000, 2413). Die angegriffenen Informationen der Berichterstattung der Beklagten sind deshalb geeignet, den Kläger in der Öffentlichkeit negativ darzustellen.

Diese durchaus nachteiligen Auswirkungen auf sein Ansehen hat der Kläger jedoch angesichts des Informationsinteresses der Öffentlichkeit hinzunehmen.

bb) Von schwerwiegenden Auswirkungen im Sinne einer Stigmatisierung, sozialen Ausgrenzung oder Prangerwirkung kann in diesem Zusammenhang vorliegend jedoch nicht gesprochen werden.

Nicht jede negative Darstellung einer Person führt automatisch zu einer Stigmatisierung, sozialen Ausgrenzung oder Prangerwirkung. Mit einer solchen Argumentation ließe sich zu Geschehnissen, die der Sozialsphäre zuzuordnenden sind, jegliche Kritik, die regelmäßig damit verbunden ist, dass eine Person in einem negativen Licht erscheint, schlechthin unterbinden. Es bedarf daher schwerwiegender Auswirkungen und Folgen der Berichterstattung für die Person und das soziale Umfeld des Betroffenen.

So führt auch die Offenbarung einer inoffiziellen Mitarbeit beim MfS der DDR nicht ohne weiteres zu einem Entzug sozialer Anerkennung oder einer Abstempelung (wie etwa die Behauptung, eine Person habe die eigenen Kinder sexuell missbraucht - vgl. BVerfG NJW 2000, 2413). Strafrechtlich ist die Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter des MfS irrelevant. Zudem wird die Rolle der inoffiziellen Mitarbeiter mittlerweile durchaus differenziert bewertet. Ohne nähere Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass allein der Umstand, dass eine Person als inoffizieller Mitarbeiter bezeichnet wird, zu sozialer Ausgrenzung und Stigmatisierung führt (BVerfG NJW 2000, 2413).

Derartige Feststellungen waren vorliegend nicht möglich. Der Kläger hat zwar Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung und Prangerwirkung pauschal behauptet, konkrete Anhaltspunkte für negative Folgen der Berichterstattung der Beklagten Folgen für die Person des Klägers oder dessen soziales Umfeld hat er jedoch nicht vorgetragen. Der Senat hat sich in der mündlichen Verhandlung bemüht, das Vorliegen derart schwerwiegender Auswirkungen im Sinne einer Stigmatisierung, sozialen Ausgrenzung oder Prangerwirkung aufzuklären. Der Kläger war trotz zum Zwecke der Sachaufklärung erfolgter Anordnung seines persönlichen Erscheinens zum Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat unentschuldigt nicht erschienen, so dass er hierzu nicht befragt werden konnte. Seine Prozess bevollmächtigte war zu konkreten Angaben hierzu in der mündlichen Verhandlung nicht in der Lage.

d)
Dem vom Landgericht unter Berufung auf das Lebach-Urteil des BVerfG (NJW 1973, 1226) herangezogenen Gesichtspunkt der Resozialisierung kommt neben dem bereits erörterten Gesichtspunkt, dass eine Berichterstattung nicht zu Stigmatisierung, sozialer Ausgrenzung oder Prangerwirkung führen darf, vorliegend keine eigenständige Bedeutung zu.

Freilich war bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass eine Berichterstattung den Betroffenen nicht auf Dauer ins gesellschaftliche Abseits stellt, ohne Chance soziale Bindungen aufrechtzuerhalten oder aufzubauen und wieder einen Platz in der Gesellschaft zu finden. Jeder Bürger, mag er aus welchem Grunde auch immer das Interesse der Öffentlichkeit auf sich gezogen und allgemeine Missachtung erweckt haben, "bleibt dennoch ein Glied dieser Gemeinschaft mit dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Schutz seiner Individualität" (BVerfG NJW 1973, 1226). Das gilt nicht nur für den Täter, der durch eine schwere Straftat in das Blickfeld der Öffentlichkeit geraten ist. Zu berücksichtigen ist vorliegend mithin nicht der Gesichtspunkt der Resozialisierung, sondern der Umstand, dass eine Berichterstattung zu einer Gefahr der sozialen Ausgrenzung führen kann.

Im Übrigen sind die Grundsätze der Lebach-Entscheidung des BVerfG (NJW 1973, 1226) auf den vorliegenden Fall nicht ohne weiteres schematisch übertragbar. Dabei ist nicht der von der Beklagten in den Vordergrund gestellte Aspekt, es gebe einen Resozialisierungsanspruch nur für Straftäter, ausschlaggebend. Vielmehr stellt die Entscheidung des BVerfG entscheidend darauf ab, dass die Resozialisierung eines zu langjähriger Freiheitsstrafe verurteilen Straftäters ein schwieriger Prozess ist, der sowohl im Interesse des Verurteilten als auch der Gesellschaft liegt und nicht an Missachtung und Ablehnung der Umwelt, die der aus der Strafhaft Entlassene vorfindet, scheitern soll. Darüber hinaus erkennt das BVerfG ein Recht darauf, "allein gelassen zu werden", nur im Zusammenhang mit dem Umstand an, dass "die das öffentliche Interesse veranlassende Tat mit der Strafverfolgung und strafgerichtlichen Verurteilung die im Interesse des öffentlichen Wohls gebotene gerechte Reaktion der Gemeinschaft erfahren" hat und "die Öffentlichkeit hierüber hinreichend informiert worden" ist. Eine dem vergleichbare öffentliche Reaktion gab es vorliegend jedoch nicht. Eine Auseinandersetzung mit der Tätigkeit des Klägers als inoffizieller Mitarbeiter des MfS der DDR findet erst durch die aktuelle Berichterstattung statt.

Unabhängig davon steht in Bezug auf die Person des Klägers dessen Sozialisierung jedoch ohnehin außer Frage. Dass der Kläger durch seine frühere Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter des MfS der DDR außerhalb der Gesellschaft stünde, macht er selbst nicht geltend. Der Kläger ist sozialisiert. Einer Resozialisierung bedarf er nicht.

e)
Unerheblich ist der Einwand des Klägers, die Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter des MfS der DDR liege schon über zwanzig Jahre zurück.

Maßgeblich ist allein das nach wie vor bestehende und hier konkret überwiegende Berichterstattungsinteresse an der Aufklärung der Tätigkeit und des Einflusses inoffizieller Mitarbeiter für die Aufrechterhaltung der politischen Ordnung in der DDR.

Der Zeitabstand zwischen einer Äußerung und ihrem Gegenstand schränkt die Meinungs- und Pressefreiheit insoweit grundsätzlich nicht ein. Dies gilt vor allem dann, wenn Gegenstand der Äußerung die Aufarbeitung historischer Vorgänge ist. Es ist nicht die Aufgabe staatlicher Gerichte, einen Schlussstrich unter eine Diskussion zu ziehen oder eine Debatte für beendet zu erklären (BVerfG NJW 2000, 2413).

f)
Ebenso ist es unerheblich, dass der Kläger gegenüber den Medien deutlich gemacht hat, dass er keine Berichterstattung zu dieser Thematik wünscht. Der Schutz vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf dessen Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken, reicht nicht soweit, dass es dem Einzelnen einen Anspruch darauf verleiht, in der Öffentlichkeit nur so dargestellt zu werden, wie er sich selber sieht oder von anderen gesehen werden will (BVerfG NJW 2000, 1021).

g)
Erheblich und besonders zu berücksichtigen ist dagegen, dass die Beklagte in ihrer Berichterstattung über den Kläger ausschließlich wahre Tatsachen verbreitet hat.

Eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechtes des Klägers durch Verbreitung von Unwahrheit findet nicht statt. Wahre Äußerungen sind aber grundsätzlich auch dann hinzunehmen, wenn sie für den Betroffenen nachteilig sind. Dies gilt jedenfalls, wenn die Information nicht die Intim- oder Privatsphäre, sondern die Sozial- oder gar die Öffentlichkeitssphäre betrifft.

h)
Die Berichterstattung selbst enthält schließlich auch keinen eigenständigen Verletzungseffekt.

Sie ist sachlich und eher ausgewogen. Über den Kläger wird hierbei durchaus neutral, mit Wertungen zurückhaltend und ohne diesen zu verurteilen berichtet. Die Berichterstattung mag für den Kläger lästig und peinlich gewesen sein. Dass der Artikel selbst verletzend auf den Kläger wirkte, kann jedoch nicht festgestellt werden.

Auch war eine solche Wirkung - entgegen der Ansicht des Klägers - erkennbar nicht das Anliegen der Berichterstattung der Beklagten.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Absatz 1 Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Die Revision war zuzulassen (§ 543 Absatz 2 ZPO).

Im Hinblick auf die abweichende Entscheidung des 10. Zivilsenates des Kammergerichts (Beschluss vom 2. November 2009 - 10 U 16/09) erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Im Übrigen hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, weil die Frage, ob und in welchem Umfang ein Berichterstattungsinteresse an der Person eines neuen Partners einer der Öffentlichkeit bekannten, prominenten Persönlichkeit grundsätzlich anzuerkennen ist, - soweit ersichtlich - bislang obergerichtlich noch nicht geklärt ist.


Nippe
Dr. Sprockhoff
Damaske

Vorinstanzen

LG Berlin, 27 O 1113/08

Rechtsgebiete

Presserecht